scher Handlungsrahmen. Dieser ermöglicht Stabilität und Sicher- heit. Zudem gewinnen die Jugend- lichen Vertrauen in die täglichen Abläufe. Parallel dazu werden in Teamsitzungen Therapiethemen und -eindrücke mit pädagogi- schen Sichtweisen abgeglichen, so dass im interdisziplinären Aus- tausch Schwerpunkte gesetzt so- wie Pläne ausgearbeitet und nach Bedarf angepasst werden können (sowohl für die Jugendlichen als auch für den individuellen päd- agogischen Umgang mit ihnen). Damit schaffen wir ein grundle- gendes Gerüst, an dem sich unse- re Klient*innen festhalten können und das ihnen Sicherheit, Halt und (Alltags-)Orientierung gibt. gebunden-Werden“ zu vermei- den. Durch bewusstes Eingreifen in eine Zwangshandlung, bspw. durch das verbale „Für-beendet- Erklären“ der (Teil-)Handlungen, können wir die Klient*innen direkt auf Zwänge aufmerksam machen. Auf der Grundlage eines guten Vertrauensverhältnisses kann der/die Klient*in diese Handlung dann auch als abgeschlossen ak- zeptieren. Werden aber (Teile von) Zwangshandlungen regelmäßig abgenommen, um die Jugendli- chen zu unterstützen und zu ent- lasten, kann es passieren, dass unsere Hilfestellung zu einem Teil des Zwangsritual wird und die Handlung nur noch mit dieser Hil- festellung bewältigt werden kann. Sowohl für die Arbeit an den Zwängen als auch für den eige- nen, entlastenden Umgang mit ihnen gilt es für die Jugendlichen ebenso zu lernen, Hilfe anzuneh- men – was letztendlich heißt: ver- trauen zu können. Für uns als pädagogische Fach- kräfte bedeutet das wiederum einen ständigen Balanceakt zwi- schen Unterstützung und dem Bemühen, ein „In-die-Zwänge-ein- Eine unserer Jugendlichen hat enorme und unzählige Kontroll- zwänge, die für sie sehr anstren- gend sind – wie bspw. das Ent- sorgen ihrer leeren Flaschen. Dies spielt sich in etwa so ab: Flasche aufdrehen, reingucken und kon- trollieren, ob die Flasche leer ist, zudrehen, kontrollieren, ob die Flasche wirklich zu ist, indem mehrmals an dem Deckel gedreht wird, erneut kontrollieren, ob die Flasche wirklich leer ist, indem die Flasche gedreht wird. Weil diese Tortur aber eben zeitlich unbe- grenzt und äußerst anstrengend ist, sammeln sich oft tagelang, teil- weise auch wochenlang, leere Fla- schen in ihrem Zimmer. Einerseits ist hier Druck von außen, von uns als pädagogischen Fachkräften, nötig, damit sie sich dazu überwin- den kann, die Flaschen runterzu- bringen. Andererseits führt Druck dazu, dass sie sich uns gegenüber verschließt, eine gleichgültige Hal- tung einnimmt und nicht mehr an sie heranzukommen ist. Und dann heißt es für uns nicht nur, diese Situation auszuhalten, sondern auch in diesem alltäglichen, pä- dagogisch herausfordernden Di- lemma Haltung zu wahren sowie weiterhin Beziehungs- und Hilfs- angebote – und somit letztlich Impulse, im besten Falle Hilfe zur Selbsthilfe – zu leisten. Michelle Barth 15